Sind Bitcoin und andere Kryptowährungen einfach nur schlecht für die Umwelt?
Disclaimer:
Bei den folgenden Aussagen handelt es sich um keine Handlungsempfehlungen. Ich bin kein Finanz- oder Steuerberater und meine Aussagen sollten nicht als alleinige Grundlage für Entscheidungen herangezogen werden. Bitte recherchiert selbst, ihr seid allein für eure Handlungen und eventuell entstehende Verluste verantwortlich!
Bitcoin ist die bekannteste und wichtigste Kryptowährung der Welt und hat in den letzten Jahren enorm an Wert gewonnen. Allerdings gibt es auch viele Kritiker, die argumentieren, dass Bitcoin schlecht für die Umwelt ist. Der Grund dafür ist, dass der Prozess des Minings – also die Erstellung neuer Bitcoins – sehr energieintensiv ist und zu einer erhöhten CO2-Emission beitragen kann. In diesem Artikel wollen wir uns mal der sehr einseitigen Berichterstattung der Mainstream Medien entziehen und das Ganze aus einem anderen Blickwinkel betrachten.
Warum ist Bitcoin schlecht für die Umwelt?
Einer der Hauptgründe also, warum Bitcoin schlecht für die Umwelt sein soll, ist der hohe Stromverbrauch des Minings-Prozesses. Um neue Bitcoins zu erstellen, müssen Miner – also Individuen, die die Blockchain verwalten – bestimmte Aufgaben lösen. Dies erfordert spezielle Hardware und viel Strom. Laut Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index verbraucht der Bitcoin-Mining-Prozess derzeit mehr Strom als ganze Länder wie Irland oder Österreich.
Warum aber muss der Prozess so viel Strom verbrauchen? Was ist dieses besonders rechenintensive Rätsel, dass gelöst werden muss und warum kann man das nicht einfach billiger machen?
Es gibt ja sogar schon alternative sog. Konsensverfahren, welche weitaus weniger Strom verbrauchen und scheinbar das Gleiche erreichen, wie Bitcoin und andere sog. Proof of Work Blockchains und Kryptowährungen.
Sind diese also die Zukunft?
Ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber immer der Reihe nach!
Ein paar Grundlagen zu Bitcoin und Proof of Work
Bitcoin ist eine Kryptowährung, die also durch eine Blockchain betrieben wird.
Eine Blockchain ist eine verteilte Datenbank. In ihr werden Transaktionen in Blöcken gespeichert.
Da die Daten eben verteilt sind, benötigt es eines Verfahrenes, um diese gegen Kompromittierung und Manipulation zu schützen.
Dies wird mithilfe von Kryptographie sichergestellt, daher der Name Kryptowährung.
Die Transaktionen werden in Blöcken verwaltet und gespeichert, jeder Block wird über ein kryptographisches Verfahren mit dem Vorgänger verknüpft, daher der Name Blockchain.
Außerdem müssen sich die Teilnehmer regelmäßig darauf einigen können, welche Transaktionen korrekt sind und welche nicht, also einen Konsens erlangen.
Dieser Vorgang wird entsprechend Konsensverfahren genannt.
Das Konsensverfahren hinter Bitcoin, Proof of Work, ist eine Art von Konsensverfahren – nämlich dieses böse, das so viel Strom frisst und von vielen stigmatisiert wird, ohne zu Hinterfragen, ob das Ganze denn nicht auch etwas Gutes mit sich bringt.
Ja, Bitcoin verbraucht echt viel Strom. Aber wieviel Strom verbrauchen eigentlich alle E-Autos dieser Welt?
Wie vorhin schon erwähnt, es gibt einige Länder die weniger Strom verbrauchen, als das Bitcoin Netzwerk.
Vielen reicht das als Argument bereits aus um die Kryptowährung komplett abzuschreiben und sie am liebsten zu Verbieten.
Nun ist es aber prinzipiell nicht verboten, Strom zu verbrauchen.
Manche argumentieren damit, dass der freie Markt das schon regeln wird. Immerhin kostet es ja Geld, einen Bitcoin zu minen, schließlich muss man da Hardware kaufen und den Strom bezahlten.
Diese Menschen / Personen / Institutionen werden das also nur machen, wenn es sich irgendwie für sie lohnt.
Und hier beginnt das Ganze doch interessant zu werden! Warum machen das so viele und warum lohnt es sich, Bitcoin und Co. zu minen?
Und für was ist es eigentlich in Ordnung, Strom zu verbrauchen und für was nicht?
Was ist mit E-Autos? Die verbrauchen doch auch viel Strom?
Hier wird nun sicherlich das Argument kommen, dass ein E-Auto im Gegensatz zu Kryptowährungen einen Nutzen hat (Mobilität) und es deswegen gerechtfertigt ist, Strom zu verbrauchen.
Was ist nun aber mit den Menschen, die einfach nur zum Spaß mit ihren E-Autos in der Gegend rum fahren? Was ist mit der Formel-E?
Müsste das nicht verboten werden?
Und haben Bitcoin & Co. wirklich keinen Nutzen, oder hat man sich vielleicht noch nicht ausreichend über das Thema informiert? 😉
Und selbst wenn es wirklich so wäre, dass Kryptowährungen keinen Nutzen bringen.. ist der Spaß der Leute kein Argument mehr?
Bei vielen anderen Dingen fragt keiner nach Nutzen oder Sinnhaftigkeit, wenn Leute dafür Geld bezahlen, ist die Daseinsberechtigung offensichtlich gegeben.
In logischer Konsequenz müssten wohl viele andere Dinge auf der Welt also ebenfalls verboten sein.
Der Nutzen von Kryptowährungen
Schauen wir also mal auf den Nutzen.
Was ist der Nutzen von Kryptowährungen?
Was ist der Unterschied zwischen Bitcoin und PayPal? Warum wird nicht einfach PayPal statt Bitcoin verwendet?
Hier kommt nun der ganze Witz an der Sache. Es geht um Dezentralisierung.
Wird nämlich die Firma PayPal eingestampft oder geht bankrott, hat man u.U. ein Problem, an sein Geld zu kommen.
Fallen die Server von PayPal aus, geht nichts mehr.
Hat ein Support Mitarbeiter von PayPal einen schlechten Tag, hat man u.U. ein Problem, an sein Geld zu kommen.
Findet PayPal, dass dein Foto, welches du zur Verifizierung eingereicht hast, komisch aussieht, kriegst du vielleicht gar keinen Account.
Diese ganzen Probleme (und viele andere) löst Dezentralität.
In einem dezentralen Netzwerk darf jeder alles. Wenn einzelne Knoten oder Server ausfallen, können andere Teilnehmer aus dem Netzwerk die Ausfälle kompensieren und auffangen.
Kein Staat oder keine Bank, keine Firma kann über meine Bitcoin auf meiner (non-custodial) Wallet verfügen, wenn ich das nicht möchte.
Ich muss mich an keine Öffnungszeiten einer Bank halten, wenn ich was überweise ist es sofort dort, wo es hinsoll.
Hier also eine unvollständige Auflistung aller Vorteile, die Kryptowährungen gegenüber traditionellen Währungen und Zahlungssystemen haben:
- Dezentralisierung: Kryptowährungen sind dezentralisiert, was bedeutet, dass sie nicht von Regierungen oder Banken kontrolliert werden. Dies macht sie weniger anfällig für politische Einflüsse und könnte sie attraktiver für Menschen machen, die ihr Vermögen vor solchen Einflüssen schützen möchten.
- Anonymität: Kryptowährungen ermöglichen es Nutzern, Transaktionen anonym durchzuführen. Dies kann für Menschen attraktiv sein, die ihre Finanzen vor der Öffentlichkeit oder vor Regierungen schützen möchten.
- Sicherheit: Kryptowährungen verwenden kryptografische Verfahren, um Transaktionen zu verarbeiten und zu bestätigen. Dies macht sie weniger anfällig für Betrug und Hacking im Vergleich zu traditionellen Zahlungssystemen.
- Geringere Gebühren: Im Vergleich zu traditionellen Zahlungssystemen sind die Gebühren für Kryptowährungstransaktionen in der Regel niedriger. Dies kann insbesondere für internationale Überweisungen attraktiv sein, bei denen die Gebühren oft hoch sind.
- Schnellere Überweisungen: Kryptowährungstransaktionen werden in der Regel schneller abgewickelt als traditionelle Überweisungen. Dies kann insbesondere für Menschen von Vorteil sein, die auf schnelle Zahlungen angewiesen sind.
Es ist also ganz und gar nicht so, dass Kryptowährungen keinen Nutzen haben und lediglich sinnlos Energie verschlingen, sie könnten große Teile unserer heutigen Bankenwelt und ganze Finanzsysteme ersetzen.
Das sind Gebäude, wo Menschen arbeiten. Räume, die beheizt werden müssten. Computer, die ebenso Strom und Energie verbrauchen. Tag ein, Tag aus. Jede einzelne Transaktion über eine Bank oder PayPal verbraucht ebenso Energie und produziert Co2.
Dies sollte man bei der Debatte um die vermeintlichen Umweltsünder Bitcoin und Co. nicht außer Acht lassen!
Das Problem von Kryptowährungen
Das Problem ist nicht allein die Tatsache, dass der Mining Prozess von Kryptowährungen (speziell PoW) so viel Strom verbraucht, wie gesagt kann das eine sehr effiziente Möglichkeit sein, ein Zahlungs- und Finanznetzwerk auf die Beine zu stellen.
Das Problem ist aber, dass es noch nicht als solches genutzt wird.
Kryptowährungen führen immer noch ein Nischendasein und das aus gutem Grund, denn sie sind ein zweischneidiges Schwert.
Denn auch hier gibt es nicht nur Vorteile, sondern eben auch ganz entscheidende Nachteile: Kryptowährungen sind in der Verwahrung und Handhabe noch immer zu kompliziert für die meisten Menschen.
Es erfordert eine gute Portion Eigenverantwortung.
Hat man beispielsweise seinen private Key verloren, kann man nicht einfach irgendwo anrufen und seinen Personalausweis vorzeigen, damit man wieder Zugang zu seinen Mitteln erhält.
Vielmehr sind die betroffenen Gelder dann für immer im Nirvana.
Was umgekehrt ein enormer Vorteil sein kann, weil eben keine Institution oder Regierung auf das Geld zugreifen kann, ist in diesem Fall eben ein riesengroßer Nachteil.
Aus diesem Grund werden Kryptowährungen nicht so genutzt, wie man sie nutzen könnte. Die Potentiale werden nicht ausgeschöpft. Kosten und Nutzen stehen (noch) nicht in einem ausgewogenen Verhältnis.
In dieser Form ist es wahrscheinlich nicht berechtigt, dass Kryptowährungen so viel Energie verbrauchen.
Vielleicht ändert sich das eines Tages, wer hätte schließlich gedacht, dass sich das Ganze so weit entwickeln wird, wie es das bisher getan hat?
Irgendwo werden Kryptowährungen wohl auch in der Zukunft ihren Platz haben, vermutlich aber nicht dort, wo sich das die Meisten vorgestellt haben.
Proof of Stake und andere Alternativen – die Lösung für das Umweltproblem?
Falls du dich schon mal mit dem Thema beschäftigt hast, ist dir vielleicht schonmal der Begriff “Proof of Stake” zu Ohren gekommen.
Hierbei handelt es sich um ein anderes Konsensverfahren und auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es die Antwort auf die Problematik des hohen Stromverbrauchs sein könnte.
Bei Proof of Stake geht es nicht darum, ein Rätsel zu lösen, sondern darum, eine bestimmte Menge an Krypto zu halten und zu sperren (der sog. Stake).
Man geht also davon aus, dass jemand, der hohe Bestände einer Kryptowährung hält, auch ein intrinsisches Interesse daran hat, das Netzwerk entsprechend zu sichern und keinen Schabernack zu treiben.
Der Vorteil ist hier also ganz offensichtlich: Man muss keine Energie aufbringen, um Rätsel zu lösen, da der Vorgang des Kaufens und Stakens der Kryptowährung kein energieintensiver Prozess ist.
Ethereum hat vor kurzem auch erfolgreich den Wechsel von Proof of Work zu Proof of Stake vollzogen.
Aus welchem Grund gibt es dann überhaupt noch Proof of Work Kryptowährungen und warum wechseln diese nicht einfach ebenfalls auf Proof of Stake?
Auch an der Stelle gibt es keinen vermeintlichen Vorteil, ohne entsprechende Nachteile.
Es zeichnet sich nämlich ab, dass sich bei Proof of Stake die Bestände eher zentralisieren und wir erinnern uns, das Thema Dezentralisierung ist ein ziemlicher wichtiger Punkt beim Thema Kryptowährungen.
Proof of Work verbraucht nicht zum Spaß Unmengen an Energie, man könnte Proof of Work Kryptowährungen auch ohne weiteres so “einstellen”, dass der Prozess weniger energiehungrig ist.
Dass der Prozess aber so energiehungrig ist, ist gezielte Absicht und auch genau das Aufbringen dieses Aufwands ist letzten Endes der Grund, warum solche Kryptowährungen und ihre Blockchains so sicher sind.
Proof of Work ist die älteste und sicherste Form der Konsensverfahren und sie hat sich bewährt.
Es ist unwahrscheinlich, dass in absehbarer Zeit Bitcoin beispielsweise auf Proof of Stake wechseln wird.
Man betrachtet in diesem Kontext immer die drei Komponenten Sicherheit, Skalierbarkeit und Dezentralisierung und spricht vom Blockchain Trilemma.
Man erreicht niemals, dass alle drei Ziele gleichermaßen erreicht werden.
Bewegt man sich stärker in die eine Richtung, entfernt man sich gleichzeitig von einer (oder zwei) anderen.
Mittlerweile gibt es auch immer mehr Abwandlungen und komplett andere Konsensverfahren, diese müssen sich aber erst noch etablieren und bewähren.
Vermutlich werden aber auch sie das Trilemma nicht lösen können.